Jeder kennt es. Es geht einem… dreckig. So richtig dreckig.

Irgendetwas in unserem Leben hat uns sehr wütend, oder verletzt gemacht. Aus irgendeinem Grund sind wir verzweifelt. Oder auch traurig.
Das Gefühl ist wie ein wildes Tier, das nach außen getragen werden will und an seinem Gitterkäfig reißt. Schmerzhaft reißt.
Gott sei Dank gibt es ja gesellschaftliche Konventionen, die uns verbieten, das vor jedem nach außen zu tragen.
Aber es gibt ja auch unsere Freunde. Und unseren Stolz.
Die beiden letzten Sachen gehen nicht gut mit einander.
Eigentlich möchte man gern alles sagen, schreien, man möchte weinen und zetern. Aber andere damit belasten? Anderen auf die Nerven gehen? Ist man so tief gesunken?
Wirst du denn nicht mehr alleine mit deinen Problemen fertig; wo ist bitte deine Stärke?

Sie fragen: „Wie geht es?“ und wir antworten: „Es ist alles in Ordnung.“ und hoffen insgeheim (manchmal halten wir das auch vor uns selbst geheim), dass sie nachfragen; dass sie zweifeln; dass sie es uns nicht glauben. Dann bekommen wir nämlich Gelegenheit, über unsere Gefühle zu sprechen. Das geht natürlich nicht von uns aus; wir wurden ja nur genötigt, darüber zu sprechen. Das verträgt sich mit unserem Stolz.

Aber es gibt da diese beneidenswerte Sorte von Menschen, die es in der Ignoranz am weitesten gebracht haben. Wie böse das klingt! Dabei ist es das garnicht. Das ist ein sehr gesund ausgeprägter natürlicher Schutzmechanismus, der ihren gutmütigen Geist davon abhält, alle Hässlichkeiten in diesem Leben zu bemerken. Das sind sogar meistens die besten und reinherzigsten Menschen, die so sind. Wenn sie gesagt bekommen, dass alles in Ordnung ist, ist für sie alles in Ordnung. Sie glauben das gern. Glaube ist ja auch eine wichtige Sache. Sie wenden sich dann lächelnd ihrem Tagwerk zu. Sie können auch mal nachfragen. Dann erzählen wir es, fügen aber obligatorisch hinzu: „Aber es ist ok. Ich schaffe das auch alleine.“
Zugegeben, manche wenden sich erst dann ab und sind zufriedengestellt.

Unsere geheime, niederträchtige Hoffnung geht nicht auf. Wir finden Leute, die uns simpel glauben. Und dann stehen wir da. Mit unserem Stolz. Der ist übrigens unangetastet und freut sich seines Lebens.
„Juhu! Ich habe wieder verhindert, dass mein Besitzer sich durch dumme Emotionen zum Affen macht!“
Aber kann er uns trösten?
Ein beklemmendes Gefühl, das in uns wuchert. Und es schnürt die Kehle zu und vor Schmerz kann man kaum noch atmen. Aber wir sagen nichts. Wir schaffen das allein. Wir werden sie nicht stören. Sie nicht aus ihrem Schlaf wecken, sie nicht aus ihren schönen Träumen reißen. Und so ist es gut.

Das klang selbstmitleidig? Das mag schon sein. Wenn auf der Welt niemand von deinen Problemen weiß; habe wenigstens in einem kurzen, gesunden Augenblick, nachts, wenn alle schlafen, wenigstens ein kleines Bisschen Mitleid mit dir selbst.

Übrigens empfindet man solch eine zugeschnürte Kehle und glaubt, sich vor Verzweiflung gleich im Nichts aufzulösen… aber dann geht man schlafen, und am nächsten Morgen wacht man auf, und alles scheint irgendwie schon nicht mehr so schlimm. Und irgendwann geht es vorbei. Ganz von allein.

Sarkastisch, nicht…?

Hände über Münster