Seit zwei Jahren bin ich Mitglied bei den Grünen. Ich will mit euch das gute Gefühl teilen, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.  

Wir alle leben in historischen Zeiten. Heute werden Stellschrauben gestellt, die sich auf unser Leben und auf das Leben unserer Kinder auswirken werden. Die prägen, wie die Informationsgesellschaft aussehen wird. Sie wird gestaltet an Besprechungstischen, in Laboren, auf der Straße – und eben auch in Parteien. Die Grünen sind einerseits eine große Partei, sie haben Stärke – andererseits sind sie beweglich. Jetzt gerade sind sie mitten im Prozess der Ausgestaltung ihres neuen Grundsatzprogramms, zu dem ich die Ehre hatte, im Bereich digitaler Bildung Impulse geben zu dürfen. In Regionalkonferenzen, in Onlinemeetings, in Anträgen und Diskussionen können das aber alle Mitglieder. Und das macht die Arbeit in dieser Partei für mich so besonders. 

Gewiss, ich bin verwöhnt. Bei den Piraten konnte ich viel von zuhause arbeiten, wir hatten viele wichtige Besprechungen online und öffentlich. Bei den Grünen war ich nun aber als junge Mutter mit kleinem Kind und Vollzeitjob. Keine guten Voraussetzungen für aktive politische Arbeit, dachte ich. Doch die Strukturen erlaubten mir mehr Partizipation, als ich je zuvor hatte. Auf allen größeren Veranstaltungen gab es eine Kinderbetreuung. Überall waren helfende Hände und Verständnis. Als Corona aufkam und physische Treffen unmöglich wurden, war ich überrascht von der Geschwindigkeit, in der die Grünen es schafften, ihren Diskurs online auszurichten. In Onlinekonferenzen und über kollaborative Antragssysteme konnte ich mich ohne Probleme in den Grundsatzprogrammprozess, in das Münsteraner Kommunalprogramm und in diversen Veranstaltungen einbringen. Wer in solchen Konferenzen nicht war, dem will ich mit aller Wärme und allem Nachdruck ans Herz legen, hin zu gehen. Es geht um die Sache. So oft geht es in unserer politischen Welt um Personalien, um Wettrennen, um Schaulaufen. Wer den Maschinenraum einer Partei nicht betritt, wird nicht auf die Diskussionen stoßen, in denen die Vorschläge für die inhaltlichen nächsten Schritte erarbeitet werden. Wo Schulleiter*innen Konkretes zur Umsetzbarkeit von Plänen sagen, wo über Prioritäten gestritten wird, darüber, wer vergessen wurde und wer welche Hilfe braucht. Hier, im Gespräch mit Mitstreiter*innen und mit engagierten, motivierten Menschen findet man selbst Energie, etwas verändern zu wollen.  

Es war immer mein Streben, an der Stelle zu sein, wo ich glaube, den meisten Nutzen zu bringen. Hauptberuflich darf ich im Moment weiter das Jugendbeteiligungsprojekt aula leiten. Ich mache das seit 5 Jahren mit großer Leidenschaft und gerade im Zusammenhang mit der Pandemie ist der Bedarf nach onlinegestützter Schüler*innenpartizipation groß. Die Selbstwirksamkeit, die Schüler*innen durch Mitbestimmung der Regeln, Veranstaltungen und Abläufe ihrer Schule erfahren, ist nicht nur die beste Extremismusprävention, sie erlaubt ihnen auch die Entwicklung zu mündigen, verantwortungsvollen und selbstständigen Demokrat*innen. Diese Sache ist wichtig und es ist mir ein Anliegen, sie weiter zu entwickeln und in die Breite zu tragen. Deshalb strebe ich aktuell kein Amt oder Mandat in der Partei an. Dennoch bin ich dankbar, mich zu meinen Herzensthemen auf allen Ebenen einbringen zu können. Dankbar für die Einladungen, meine Expertise teilen zu können und von der Expertise anderer zu lernen. Dankbar für Menschen, mit denen ich das Gefühl habe, an einem Strang zu ziehen.  

Warum schreibe ich euch das? Engagiert euch in Parteien. Engagiert euch bei den Grünen. Es müssen nicht die Grünen sein. Wählt euch eine demokratische Partei und bringt euch ein. Ich kann nicht garantieren, dass es überall so schön ist, wie hier – ha! – aber es ist gewinnbringend und heilsam. Wenn ihr irgendwann das Gefühl hattet, dass die Welt ein Chaos ist, dass alte Abläufe und Routinen uns hinunterziehen angesichts neuer Umstände, dass ihr keine Kontrolle habt – hier habt ihr sie. Eine Demokratie ist immer nur so gut wie ihre Demokrat*innen. Und Parteien sind die Entitäten, in denen die verschiedenen Menschenbilder ihre Vertretung finden. Keine Partei bietet euch 100% das, was ihr euch vorstellt? Nun, ihr seid keine Konsument*innen und Parteien sind keine verschiedenen Waschmittel, die euch offeriert werden. Ihr könnt sie verändern. In Deutschland ist es nicht so schwer, sich einzubringen, wie man meint. (Ich habe den Vergleich mit anderen Ländern). Ihr seid keine Konsument*innen. Gestalter*innen unserer morgigen Welt. Ganz besonders, wenn ihr hierher migriert oder geflohen seid, wenn ihr junge Frauen seid; wenn ihr meint, diese Einladung ist nicht an euch gerichtet – sie ist explizit an euch gerichtet!  

Ich habe immer gern überparteilich mit Leuten zusammengearbeitet und mich außerhalb von Parteien engagiert. Wo auch immer ihr euren Platz findet. Streitet an meiner Seite – oder streitet gegen mich! – um diese Gesellschaft nicht sich selbst oder den Kräften ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeiten zu überlassen. Nirgends sind Kopfschmerzen so schön, wie in der Politik.