„Saftige Haut, sagt Papa. Früchtchen, sagt er.“
Die aktuelle Produktion der Theatergruppe, bei der ich im Moment spiele (theaterblut muenster) heißt „Gottverlassen“.
Zum Inhalt:
Im Dorf verliebt sich Freddie, ein netter, etwas in sich gekehrter Mann, in Charlotte, die Tochter des Nachbarbauern. Dieser Nachbar ist ein alter, schroffer Typ, der sich für Gott hält und weiter nicht viel sagen möchte, weil er die Menschen lieber meidet und sich stattdessen seinem Vieh zuwendet. Nur seine Tochter, die scheint er abgöttisch zu lieben. Charlotte ist schwanger und Freddie ist der Vater des Kindes. Doch Charlotte weist Freddie zurück. So etwas kommt auch im Dorf vor… Der Zurückgewiesene, der zudem vor ein paar Jahren seine Frau an eine schreckliche Krankheit verloren hat, leidet und schweigt. Ein unbeholfener Versuch, mit Charlotte über seine Liebe zu sprechen, verliert sich unversehens in ein Gespräch über Marillentorte mit Sahne, die seine Schwägerin gebacken hat.
Überhaupt: im Dorf wird viel gebacken und Kaffee getrunken, ausserdem hat der kleine Dorfladen jetzt längere Öffnungszeiten, was natürlich besprochen wird. Und die Frau vom Lehrer ist plötzlich auf und davon, was jeder verstehen kann. Der soll nämlich seine Frau schlecht behandelt haben und das kann sich ein Mann heute nicht mehr erlauben. Das behauptet der Bürgermeister, der ansonsten frustriert darüber ist, dass niemand seinen Einsatz für die Gemeinschaft anständig würdigt.
Es gibt auch zwei fröhliche Mädchen, die keck um die Beine herumschwirren, artig fromme Verse auswendig lernen und sich auch noch gegenseitig das Gruseln beibringen. Und feiern können sie hier, so ausgelassen, dass sich die Balken biegen. Da tanzt jeder mit jedem. Und auch Luzie, die noch neu hier ist, weil sie erst seit zwanzig Jahren im Dorf lebt, mischt ordentlich mit. Das alles passiert hier, im Dorf.
Und über allem wacht der liebe Gott und passt auf, dass bloss nichts schief geht. Dann aber scheint der liebe Gott mal nicht so genau aufzupassen. Denn wie es sich für ein ordentliches Dorf gehört, hat der eine oder andere auch was aufgeschnappt: Man munkelt, dass das Kind, das Charlotte in ihrem Leib trägt, vielleicht nicht von Freddie, sondern von ihrem eigenen Vater sein könnte. Weil die beiden schon immer so seltsam miteinander waren. So richtig laut sagt sich das aber nur mit einem gewissen alkoholischen Pegel, weil es ja auch so eine Sache ist mit der Wahrheit.
Dann begeht ein tief gedemütigter und sehr trauriger Mensch eine schlimme Tat.
Und zurück bleibt der all gegenwärtige strenge Geruch von Vieh, von frisch gemähtem Gras und natürlich von cremigen Torten mit Schlagsahne. Und der krampfhafte Versuch der Dorfbewohner, wieder alles so hinzubiegen, wie es einmal war. Mit oder ohne Gottes Hilfe.
Wir haben nun schon vier erfolgreiche Aufführungen gehabt. Zwei in einer Scheune in Münster (Platz für 60 Zuschauer) und zwei in einer Hütte in Warendorf (Platz für 20). Das ist nicht, weil uns keiner in der Stadt will. Wir wollen die Stadt nicht. Wir wollen das Stück in seiner natürlichen Umgebung aufführen. Danach kommen wir mit dem Publikum ins Gespräch. Diese Nähe ist das Konzept des Labels von Stefanie Bockermann, die das Stück geschrieben und Regie geführt hat.
Ich selbst spiele in diesem Stück zwei Rollen. Ein 10-jähriges Mädchen, das sanften, kindlichen Grusel auf die Bühne bringt, und die Schwägerin von Freddi, eine alte Jungfer in den mittleren Jahren, die „graue Eminenz der Moral“. Die Rollen sind sehr verschieden und manchmal muss ich sie innerhalb von 5 Sekunden wechseln, samt Kostüm. Bisweilen fühle ich mich darum wie ein Zwischending aus Schauspieler und Bühnenmagier.
Aber das Spielen macht mir unglaublich viel Spaß.
Spätestens nach dieser Produktion (meine letzte davor liegt schon 2 Jahre zurück!) bin ich mir sicher, dass ich diesen Weg weiterhin gehen will.
Einige Fotos, die Körbi gemacht hat:
„Herr, erbarme dich unser!! Biiiiitte.“
„Du liebst mich! Ich liebe dich! Wir gehören zusammen!“
„Warum das? Warum das nur…?“
Das Stück wird weiter aufgeführt werden. Die Termine, die bislang in Aussicht stehen, sind
31. Oktober (Ort noch unbekannt),
08. November (Gemeinde Velen / Gescher)
09. November (Haus Siegmann / Sendenhorst)
03. Dezember (Ort noch unbekannt)
Ich halte weiter auf dem Laufenden.