Die Stille ist unerträglich.
Ich liege auf dem Rücken und über mir ist nichts als die Dachschräge. Ich kann auch den Kopf nicht drehen, um den Anblick zu wechseln.
Den Kopf zu drehen tut weh und löst Schwindelgefühle aus.
Das einzige Geräusch ist das Fließen des Wassers durch die Heizung. Es klingt feindselig. Die Heizung ist voll aufgedreht, aber es ist kalt. Ich krieche noch weiter unter die Decke, aber es wird nicht wärmer.
Die Einsamkeit ist unerträglich.
Ich bin allein mit dem flauen Gefühl in meinem Magen und dem faden Geschmack auf der Zunge. Um ein Buch zu lesen, dazu reicht die Energie nicht. Die Augen fallen zu. Aber der Schlaf kommt nicht.
Alles schläft. Niemand wird eine Visite abstatten.
In diesem Zimmer ist mir alles so gut bekannt; so gut bekannt, dass es all seinen Sinn verliert. Ich beginne, darüber nachzudenken, ob es überhaupt lohnt, all diese Dinge zu besitzen. Ob es lohnt, dieses Leben außerhalb des Bettes. Ich beginne mich zu wundern, was mir daran damals so gefallen hat. Im Moment scheint allein der Gedanke an die Anstrengnug des Aufstehens mich zu töten.
Das Telefon liegt neben mir. Damit ich einen Krankenwagen anrufen kann. Aber wer ruft mich an?
Ich habe Hunger.
Aber essen kann ich nicht. Alles Essen schmeckt nach Staub und Asche, zerfällt im Mund regelrecht. Es ist widerwertig. Andererseits ist sowieso niemand da, der etwas zu essen machen würde.
Es war anders damals.
Damals hat die Mutter noch am Bett gesessen und Geschichten vorgelesen und über den Kopf gestreichelt. Sie hat mich an der kleinen Hand im Leben gehalten. Nichts hat von Innen besser gewärmt, als ihr Tee, ihre Liebe.
Jetzt bin ich erwachsen. Kein Tee. Keine Liebe.
Ich versuche, mir verrückte Dinge vorzustellen; eine riesige Traumwelt, in der meine Gedanken ins Absurde gleiten. Ich versuche, dass dieser gedankliche Nebel von mir Besitz ergreift, damit ich vielleicht einschlafen kann. Oder wenigstens wahnsinnig werde.
Aber meine Gedanken bleiben klar.
Ich überlege, wie ich jemanden einladen könnte. Heute nicht mehr. Es ist nacht. Aber vielleicht morgen? Dann fällt mir ein, dass es morgen keinen Sinn mehr macht. Morgen habe ich vielleicht wieder geschlafen, vielleicht ist die Verzweiflung dann weg. Sie ist jetzt da. Jetzt bräuchte ich jemanden.
Die Stille ist unerträglich.
Ich wünsche mir, es wäre irgendwie vorbei. Dass ich einschlafen könnte, oder wenigstens sterben. Hauptsache erstmal diesem Zimmer entkommen. Und der Sorge über das Morgen.
Darüber, dass morgen genau so wird, wie heute.
Ich wünschte, ich wäre nochmal ein Kind.
Ich würde mein Leben geben, für eine lesende Mutter.