Ihr habt bestimmt doch auch schon einmal darüber nachgedacht:
Was wäre, wenn nur ich so wahrnähme, wie ich wahrnehme?
Was wäre, wenn ich ganz anders höre als alle anderen? Wenn Schmerz für mich in Wirklichkeit viel intensiver ist? Wenn blau nur für mich so aussieht, wie ich blau kenne, und für alle anderen ist es violett, doch wir können uns nicht darüber austauschen, weil alle es blau nennen?
Was wäre, wenn meine Gedanken tiefsinniger sind, als die der anderen, wenn ich überhaupt mehr nachdenke? Was wäre, wenn ich der einzige bin, der in dieser Nacht den Mond bemerkt?
Ich glaube, dass es normal ist, sich solche Fragen zu stellen. Keine primären Sinneseindrücke teilen zu können, sondern sie nur zu beschreiben, ist eigentlich eine wirklich gruselige und isolierende Sache, an die wir uns aber gewöhnt haben.
Versucht es aber einmal in die andere Richtung. Habt ihr euch schon mal gefragt:
Was wäre, wenn ich genau so bin wie jeder andere auch? Wenn ich nur unter der Oberfläche so ach-so-individuell bin, aber das was ich nach außen trage, ist dasselbe, wie bei allen anderen auch? Was wäre, wenn blau für mich so aussieht wie für jeden? Wenn es normal wäre, den Kopf zu heben und den Mond anzuschauen? Was wäre, wenn alles, was ich tue, biologisch und in der Norm ist, meinen Trieben entspricht? Was wäre, wenn ich nichts besonderes bin?
Das ist eigentlich der viel unheimlichere, beängstigendere Gedankengang. Es gibt in der pluralistischen Gesellschaft keine Einbuße, die größer wäre, als die eigene Originalität zu missen. Die eigene Idee, durch die man sich von anderen abhebt.
Wir versuchen sie durch Kleidung, oder durch Sprache, durch Hobbies oder veräußerte Ideen herzustellen und zu erhalten. Über unsere Individualität ist nichts erhaben. Diese Individualität, die beispielsweise von der Psychologie (ja genau deshalb) so vorsichtig umschlichen wird in der Erforschung der menschlichen Psyche. Sie versuchen eine Karte zu zeichnen, doch auf einem Gebiet lassen sie behutsam eine weiße Fläche, die Individualität heißt. Das ist nicht etwa eine Ungenauigkeit. Es ist die Rücksicht auf die Gefühle der erforschten Objekte, der Menschen also. Es ist der selbe Grund, warum man keine Tauchsonde nach Loch Ness schickt.
Ob sie nun da ist oder nicht.
Und was die Psychologie jedem Menschen pauschal zuschreibt, sehen die meisten durchaus als beschränktes Gut und beanspruchen es für sich. Die meisten wollen sich doch gern von der Masse abheben. Interessant übrigens. Je mehr Menschen ich im Laufe meines Lebens kennen lerne, desto öfter frage ich mich, wer eigentlich diese Masse bildet. Zumindest habe ich noch keinen daraus kennengelernt.
Es gibt, wenn man von Originalität spricht, drei Arten von Menschen.
Die, die es geschafft haben, dass andere sie für originell halten;
Die, die glücklich ihren alltag verleben, weil sie über solcherlei Dinge nicht nachdenken;
Und die, die keine Idee besitzen, aber leider Gottes intelligent genug sind, zu erkennen, dass sie keine Idee besitzen.
Die letzteren strengen sich immer besonders an, originell zu sein. Es sind diese Männer beispielsweise, in die ich mich, als ich jünger war, öfter verliebt habe.
Die intellektuellen Romantiker mit ihrer Bemühung zum Detail und ihrer affektierten Tragik in Benehmen und sprechweise, die die Welt als entfremdetes und armselig verwahrlostes Konstrukt bemitleideten (einschließlich ihrer Bewohner und sich selbst) und Gedichte schrieben.
Heute denke ich, würde ich mich eher in bodenständige Männer verlieben, die zwar klug sind, aber eben klug genug zu wissen, dass die Welt richtig ist und jede Dramatik aus uns heraus rührt, und zwar einfach aus unserer Freude an der Dramatik heraus. (Wenn ich darüber nachdenke, habe ich mit meinem Freund eine gute Wahl getroffen).
Darum mein Rat an alle Individualisten dieser Welt:
Individualisten haben wir genug. Hebt euch dadurch ab, dass ihr einverstanden seid. Ich versichere euch: Die Leute werden Augen machen! 😉
Letzte Worte:
Plötzlich rutscht der Bergsteiger aus und kann sich gerade noch an einem winzigen Felsvorsprung festhalten. Als seine Kräfte nachlassen, blickt er verzweifelt zum Himmel und fragt: „Ist da jemand?“ „Ja.“ „Was soll ich tun?“ „Sprich ein Gebet und laß los.“ Der Bergsteiger nach kurzem Überlegen: „Ist da
noch jemand?“
Es gibt nur ein einziges Menschenrecht: das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Wenn sich ALLE daran halten würden, gäbe es weder Syrien noch die Juden noch die Muslime und der ganze Blödsinn überall auf dieser idiotischen Welt hätte ein Ende..
Aber leider werde ich nie eine intelligente Zivilisation erleben, sondern nur diesen jüdisch-christlich-muslimischen Blödsinn überall.. (mit einem IQ weit unter 200).
PS:_ ).
Jeder dumme Mensch, der glaubt, sich auch noch als „Jude“, „Muslim“, etc. outen zu müssen, hat nichts aus “der Geschichte” gelernt (ohne sog. „Juden“ hätte es ja auch keinen Hitler gegeben) => was wir brauchen sind endlich Menschen mit einem IQ über 200, aber keine kotz-dummen „Untermenschen“ und „Herdentiere“ mehr, die glauben es gäbe so etwas wie “unsere Penisse” („unser Volk“, “unser Verein”, “Unsere Nation” etc.)…
Mein Gott, warum studiert niemand mehr Psychologie? In jedem Unterseminar könnt ihr lernen, was für eine bescheuert alte Konstruktion “in-groups”, “Herdentiere”, “Volksgefühle”, “peer-groups”, „meine Religionszugehörigkeit“ etc. sind.
Es ist wirklich zum Kotzen, dass ich nie in einer intelligenten Zivilisation werde leben können (IQ > 200).
Geht doch mal endlich in die Schule oder studiert Psychologie!
P.P.S: Ja, sog. „Juden“ können sich ja nicht vorstellen, ein „ich“ zu haben und „nur mein eigenes Blau sehen zu können“. Denn für sog. „Juden“ (und auch > „Christen“ > „Muslime“ > „Nazis“ etc.) gibt es nur ein „wir“, und da ist das Problem der Zombies wirklich noch nicht angekommen (Theory of mind, etc.).
„Juden“ (etc.) sind hypersozial per definitionem („unser Volk“), trotz vieler Autisten (genetisch bedingt) unter ihnen…
Einheit in der Vielfalt
Grenzen müssen fallen, auf allen Ebenen, damit nichts still steht, denn das bedeutet Tod.
Jeder für sich und alle bleiben allein. Jeder für den anderen und niemand muss sich um sich selbst sorgen.
Hätte jedes Atom und jede Zelle auf ihre Individualität bestanden würde es uns wohl kaum geben, was wäre wenn wir aufhören nur uns selbst zu sehen, sondern „uns“ als ganzes?
LG
Sherab
„I hate usually people“. Diesen Satz schrieb eine ehemalige Abitur-Mitschülerin in einer Englisch-Leistungskontrolle. Der Satz wurde von der Englisch-Lehrerin rigoros rot markiert und die Mitschülerin fragte mich, was an diesem Satz denn bitteschön falsch sei. Ich erklärte ihr höflich, das usually ein Adverb ist und an dieser Stelle ein Adjektiv richtiger wäre. Als Alleinerziehende Mutter war meine Mitschülerin in dem Stadtteil in dem Sie lebte leider durchaus nichts Ungewöhnliches. An diesem Tag beschloss ich für mich selbst normal zu sein. Lass doch die anderen alle verrückt und anders sein wenn ihnen das Freude bereitet. Ich bin ab sofort normal. Wobei ich natürlich selbst definiere was normal und was verrückt ist. Es wäre ja auch reichlich paradox, wenn jemand anderes bestimmen würde, was normal ist, als ich selbst. Zur Sicherheit definierte ich das Normal sein noch als Unterschied zu mir selbst. Also je weniger jemand wie ich ist, um so weniger normal ist er offenbar.
Nun in jedem Fall führt das Normal sein regelmäßig zu spannenden Unterhaltungen. Dabei wird mir dann oft vorgeworfen, das jemand der solchen „Unfug“ behauptet ja wohl kaum normal sein kann, worauf ich erkläre, das es nicht Ungewöhnlich ist, das er so denke da er ja nicht Normal ist.
In diesem Moment gerät das Gespräch kurz ins stocken während der Gesprächspartner das Paradoxon analysiert. Natürlich geht das auch andersherum. Ich hatte mal einen Chat von jemandem der sich für Verrückt hielt und ich erklärte ihm dass er normal sei, woraufhin er mir erklärte das er transsexuell sei und ich seinen Arzt fragen solle der sicherlich seine Meinung teilt. Ich beharrte weiterhin auf meinem Standpunkt das er normal sei und sein Arzt sich irren müsse. Es hat etwas in ihm verändert, zum positiven wie ich meine. Es ist wie mit Erde und Sonne. Dreht sich die Erde um die Sonne oder die Sonne um die Erde. Es ist allein ein Frage des Standpunktes. Stehe ich auf der Sonne dreht sich die Erde um die Sonne. Stehe ich auf der Erde, dreht sich die Sonne um die Erde.
Schnüff – Dabei muss ich an den „Ihr seid alle Individuen“-Dialog in Film „Das Leben des Brian“ denken.
https://youtu.be/KLWsV1hewYA
Dies: „Diese Individualität, die beispielsweise von der Psychologie (ja genau deshalb) so vorsichtig umschlichen wird in der Erforschung der menschlichen Psyche. Sie versuchen eine Karte zu zeichnen, doch auf einem Gebiet lassen sie behutsam eine weiße Fläche, die Individualität heißt. Das ist nicht etwa eine Ungenauigkeit. Es ist die Rücksicht auf die Gefühle der erforschten Objekte, der Menschen also. Es ist der selbe Grund, warum man keine Tauchsonde nach Loch Ness schickt.“ ist unrichtig: Siehe Persönlichkeitspsychologie. Und Rücksichtnahme hat in der Wissenschaft nicht viel zu suchen – es sind die EKs, die hier ggf. eine Studienskizze zur Überarbeitung anmahnen… das hat mit dem Feld aber nichts gemein. Siehe doch hier z.B. die Experimente der Sozialpsychologie.
„Was wäre, wenn nur ich so wahrnähme, wie ich wahrnehme?“
– das ist die Symptomatik des Kindes, wenn sich die Schizophrenität der Bildung zu „individualbewußter“ Suppenkaspermentalität langsam durchsetzt und den Mensch funktionalisiert, für das „gesunde“ Konkurrenzdenken des „freiheitlichen“ Wettbewerbs um die Begehrlich- und Abhängigkeiten der Hierarchie von und zu materialistischer „Absicherung“.
P.S.: Davon abgesehen macht Gedichte schreiben auch einfach Spaß, ganz unabhängig davon, ob es das gleiche Gedicht irgendwo auf dieser Welt schon einmal gibt…finde ich.
Herzliche Grüße,
Sigmar
„Individualisten haben wir genug. Hebt euch dadurch ab, dass ihr einverstanden seid.“ (Marina Weisband)
Diesen Gedanken finde ich bemerkenswert. Meine erste Assoziation war eine Zeile aus Reinhard Meys „Annabel“, in der er sich ironisch als Träger der „Nonkonformisten-Uniform“ outet. Aber es geht ja hier um mehr als einen Wortwitz oder die spielerisch-provokante Verkehrung einer verbreiteten Ansicht.
Es ist unbestreitbar, daß die Anstrengungen vieler Menschen, individuell zu sein, in die gleiche Richtung verlaufen. Ich denke konkret etwa an die Einsamkeits- und Weltschmerzgedichte, derer es ja tausende gibt und die in ihrer Gesamtheit immer wieder die Frage aufwerfen, warum sich diese zahllosen einsamen Seelen nicht zu einem großen Chor zusammentun, der Trauergesänge in die Welt hinausschreit. Die meisten dieser Einsamen geben sich jedoch introvertiert, sind ganz mit ihrem Seelenleben beschäftigt. Dabei muß ihnen ja entgehen, daß zwei Straßen weiter ein Mensch mit den gleichen Gedanken sitzt. Von außen betrachtet, handelt es sich bei den naheliegenden Gedanken also um etwas wenig Originelles, um ein Klischee.
Das ist, da gebe ich Dir Recht, an sich nicht erstrebenswert. Trotzdem mag eine solche Lebensphase ihren Wert haben, denn der Betroffene nutzt die Gelegenheit, sich ganz auf sich zu besinnen. Mit einer geklärten Innenwelt wird er später, in einem reiferen Alter, der Welt bewußter und gesammelter entgegentreten können. Aber das ist ein anderes Thema.
Worauf ich hinauswill, ist: Das Bemühen um Originalität im Sinne dieses Klischees ist auf jeden Fall zu unterscheiden von der Originalität selbst, so wie der Finger, der auf den Mond zeigt, etwas anderes ist als der Mond. Es gibt ohne Zweifel Persönlichkeiten, die in ihrer Individualität stärker ausgeprägt sind als andere. Die Fähigkeit, Geschichten zu erfinden, ist nicht jedem gegeben. Auch die Fähigkeit, Geschichten in treffende und wohlklingende Worte zu fassen, hat nicht jeder. Wer nun wie, sagen wir, Thomas Mann aufgrund seiner individuellen Lebenserfahrung, seiner genialen Phantasiebegabung und seiner Sprachmacht Romane wie die Buddenbrooks in die Welt setzt, führt damit eine andere, in meinen Augen höhere Individualität vor als ein heutiger Fabrikarbeiter, der sich entscheidet, ob er Samstag Abend RTL oder Sat 1 einschaltet. Damit ich nicht mißverstanden werde: Als Menschen haben beide natürlich den gleichen Wert, für sich selbst, für ihre unmittelbare Umgebung. Der Arbeiter kann ein liebevoller Vater sein, dessen sich Mann ja verweigert hat, und das begründet menschlichen Wert. Aber liebevolle Väter gibt es eben Millionen, geniale Schriftsteller nur wenige.
Das Bemühen um Individualität ist daher nicht ganz sinnlos. Wo sich Anlage, Wille, Fleiß und glückliche Umstände vereinen, kann aus einem besonderen Menschen ein originales Werk entstehen. Wo etwas davon fehlt, wird es natürlich schwierig, aber wie will man z.B. die Anlage abschließend beurteilen, bevor der Betreffende seine Kräfte erprobt hat?
Ich glaube, wo sich hunderttausend um eine Kunst (wie z.B. das von Dir beispielhaft erwähnte Dichten) bemühen, bringen es zehntausend zu einem hinreichenden Verständnis der Materie, tausend zu handwerklicher Reife, hundert zur Meisterschaft und höchstens zehn zu wirklich bedeutenden Werken. Und das gilt, wenn ich nicht irre, für alle Möglichkeiten, sich durch geistige Tätigkeiten zu individualisieren.
Wenn dort also etwas Wertvolles entstehen soll, müssen sich viele darum bemühen, etwas Besonderes zu sein, damit es dann einige wenige auch tatsächlich werden.
Du willst mir doch nicht etwa widersprechen, oder? 😉