Dies ist das Manuskript meiner Rede im Bundestag zum Holocaustgedenktag am 27.01.2021. Die Rede als Video ist auf youtube.com zu finden und hier verlinkt. Durch das Abspielen des Videos – mit einem Klick auf das Bild – werden Ihre Daten an youtube übermittelt, damit Ihnen von dort das Video in Ihren Browser eingespielt werden kann. Sie erklären sich somit damit einverstanden, Ihre Daten an youtube zu übermitteln.
Sehr geehrte Menschen,
In der Ukraine hieß ich Onufriyenko. Meine Familie hat damals mit Absicht den jüdischen Namen Weisband nicht tragen wollen, wegen der Nachteile, die er bedeutete. Mein Opa, der den Holocaust überlebt hat, las sein ganzes Leben lang sehr genau alle Zeitungen, verfolgte angespannt die Stimmung im Land. 1993 sagte er: „Wir müssen gehen. Jetzt.“ Ich hatte Angst vor einem unbekannten Land. Mein Vater nahm mich in den Arm und tröstete mich. Er sagte: „Keine Sorge. In Deutschland interessiert es niemanden, dass wir Juden sind. In Deutschland können wir einfach nur Menschen sein.“
Wir zogen nach Deutschland. Wir nahmen den Namen Weisband wieder an. Heute gehe ich zum Gebet durch Sicherheitskontrollen. Ich lese aufmerksam die Zeitung und beobachte die Stimmung im Land. Und ich lerne, dass der Traum vom „einfach nur Mensch sein“ Arbeit bedeutet.
Ich darf hier stehen als Repräsentantin der Nachgeborenen. Einer Generation von jungen Jüdinnen und Juden, die alle ganz verschieden sind. Aber viele von uns machten lange Suchen nach Identität durch. Viele von uns setzen mühsam Scherben zusammen von dem, was einst Kultur war. Zugehörigkeit. Und Normalität.
Meine Geschichte für diese Generation nicht ganz ungewöhnlich: Mehr als 90% Prozent aller jüdischen Gemeindemitglieder in Deutschland entstammen dem postsowjetischen Raum.
Als ich hierher kam, habe ich mit diesem Land sehr positive Erfahrungen gemacht. Wir erhielten Hilfe. Uns wurde die Sprache beigebracht. Das Gefühl, willkommen zu sein, ist bei mir geblieben. Es hat mich später dazu inspiriert, dieser Gesellschaft irgendwie was zurückgeben zu wollen. Als sie mich dann noch eingebürgert hat und mir erlaubt hat, dieses Parlament mitzubestimmen – ohne Fragen nach meinen Vorkenntnissen oder meinen Motiven zu stellen – bin ich in eine Partei eingetreten. Ich hatte das Gefühl, diese Gesellschaft geht mich etwas an. Ich bin Teil von ihr. Wir waren dahingehend sehr viel privilegierter als andere Flüchtlinge.
Gleichzeitig bleibe ich zum Teil fremd. Während des Studiums begann es mit verwunderten Ausrufen, die mich eher fühlen ließen wie ein Zootier: „Du bist die erste Jüdin, der ich begegne“. Da war oft diese Mischung aus Mitgefühl und Beklemmung. Wir Juden waren diese Fabelwesen, über die man schreckliche Dinge gelernt hat in Geschichtsbüchern und die prinzipiell nur schwarzweiß waren.
Ich musste mich rechtfertigen für israelische Politik, für religiöse Bräuche, für angebliche überproportionale Sichtbarkeit und verdächtige Unsichtbarkeit. Teil einer kleinen Minderheit zu sein, bedeutet immer, alle zu repräsentieren und von allen repräsentiert zu sein. Ob man will oder nicht.
Und unsichtbar waren wir nie freiwillig. Ich erinnere mich noch daran, wie unsere Gruppe junger Menschen in unserer Gemeinde versucht hat, einen jüdischen Stammtisch zu gründen, der bewusst nicht in der Gemeinde stattfinden sollte. Wir wollten vor allem die jüdischen Student*innen dort hin einladen, die mit Religion vielleicht nicht viel anfangen konnten. Als wir aber im Lokalblatt eine Anzeige dafür schalten wollten, riet uns die Polizei nachdrücklich davon ab, etwas zu veröffentlichen, das Zeit und Ort enthielt. Aus Sicherheitsgründen. Deshalb sind wir unsichtbar. Auch in diesem Land ist es für uns noch immer zu gefährlich, sichtbar zu sein. Wir verschicken unsere Gemeindepost in unmarkierten Briefumschlägen. Wir laufen zum Gebet, ins Gemeindezentrum, in die jüdische Schule und den Kindergarten an bewaffneten Wächtern vorbei. Und wir sind dankbar für den Schutz – aber das macht etwas mit einem. Und wenn eine Alltäglichkeit wie ein jüdischer Stammtisch mit Bier und Witzen nur halb so viel Öffentlichkeit bekommen würde wie jede antisemitische Aussage, die von dahergelaufenen Provokateuren zwecks Medienzirkus in die Welt gespien wird, dann wäre unsere Situation eine andere!
Jüdin in Deutschland zu sein bedeutet, durch seine bloße Existenz die Erinnerungen der Shoa und des modernen Antisemitismus, von Schuld und Versöhnung in sich zu tragen. Ich wollte nie eine Expertin in Antisemitismus sein. Ich bin Beteiligungspädagogin! Mein Thema ist Bildung! Trotzdem halte ich bei der Polizei Vorträge zu Antisemitismus, trotzdem drehe ich Aufklärungsvideos, trotzdem werde ich angerufen, wenn irgendwo was passiert.
Dass jüdisches Leben hierzulande im Schatten der Shoa steht, bedeutet nicht nur, dass wir mit dem Gedenken leben, was unseren Familien widerfahren ist und mit dem Trauma, das über die Generationen bis zu uns vererbt wurde. Unsere Großeltern waren traumatisiert oder wurden ermordet. Unsere Eltern waren traumatisiert. Unsere Kinder sehen und lernen mit Schrecken. Umso schmerzhafter ist für mich diese Debatte über einen vermeintlichen Schlussstrich, solange wir keinen ziehen können.
Es bedeutet vor allem zu verstehen, dass es geschehen ist und folglich wieder geschehen kann. Es bedeutet zu verstehen, dass Antisemitismus nicht da beginnt, wo auf eine Synagoge geschossen wird. Dass die Shoa nicht mit Gaskammern begann. Es beginnt mit Verschwörungserzählungen. Es beginnt mit Tiraden über eine angebliche jüdische Opferrolle. Nur um es mal klar zu sagen: Wir können den Anfängen nicht wehren, weil es ein stetiger Prozess ist. Weil jetzt gerade Waffen gesammelt werden. Weil jetzt gerade rechte Strukturen in der Polizei und beim Militär nicht konsequent aufgedeckt werden. Weil Menschen wie ich jetzt und heute Morddrohungen bekommen.
Ich höre sehr oft von Menschen, dass wir die Einteilung in Schubladen lassen sollen – Schwarz und Weiß, Jüdisch oder nichtjüdisch, homo oder hetero. Dass wir einfach nur Menschen sein sollen. Und das ist eine wirklich schöne Vision. Ich will dahin. Aber „einfach nur Mensch sein“ ist ein Privileg derer, die nichts zu befürchten haben aufgrund ihrer Geburt.
„Einfach nur Mensch sein“ bedeutet, dass jüdisches Leben unsichtbar gemacht wird. „Einfach nur Mensch sein“ bedeutet, dass Strukturen von Unterdrückung unsichtbar gemacht werden. Denn jede Unterdrückung – sei es Sexismus, Rassismus, Antisemitismus – lebt davon, dass sie für die Nichtbetroffenen unsichtbar ist. Wenn wir wirklich das Ziel haben, dass es egal sein soll, wie man geboren wurde – dann müssen wir den Finger in diese Wunden legen und wir müssen benennen, wer allein aufgrund seiner Geburt um einen Platz in der Welt kämpfen muss und wer nicht.
Denn sie ist nicht ausgestorben, diese Überzeugung, dass es Menschen gibt, deren Würde mehr wert ist. Dass es Menschen gibt, die in dieser Gesellschaft mehr Platz verdienen als andere. Und es ist eine Aufgabe der Solidarität, Seite an Seite mit allen Minderheitengruppen dafür zu kämpfen, wofür die Verfassung dieses Landes steht und was bislang immer eine Utopie war – die Selbstverständlichkeit unserer Koexistenz. Ich sehe es nicht ein, uns darin gegen einander ausspielen zu lassen!
Das ist für mich jüdisches Leben in Deutschland: Ambivalent, voller Gemeinschaft und Solidarität, voller Angst und Frustration. Juden sind eine Religionsgemeinschaft, aber wir sind auch eine Volksgemeinschaft – in anderem Sinne, als man im deutschen Sprachgebrauch „völkisch“ verwendet. Der wichtigste Unterschied zwischen diesen Begriffen ist, sich das Jüdische Volk nicht als eine ethnisch-rassische, sondern als eine Schicksalsgemeinschaft versteht. Das ist vielleicht der rätselhafteste Teil für nichtjüdische Zuhörer*innen. Weil es schwer ist, zu erklären, was das gemeinsame Schicksal aller dieser sehr verschiedenen Menschen ist, die verschiedene Länder bewohnen und deren Geschichten und Einstellungen verschieden sind. Hier ist ein verbindendes Element: Wir gedenken der Shoa und haben das Glück, noch jenen zuhören zu dürfen, die sie überlebt haben. Aber dies ist die letzte Generation, die das noch kann. Wir, die Nachkommen, stehen jetzt der Tatsache gegenüber, dass mehr und mehr Augenzeugen von uns gehen. Und dass wir das Gedenken dennoch irgendwie weitertragen lebendig halten müssen.
WIR müssen antworten auf jene, die fragen: „Warum müssen wir dieses alte Zeug aufrollen?“ Wir sind jene, die alle aus der Vergangenheit gezogenen Lehren in eine Zukunft überführen müssen. Wir müssen einen Weg finden, das Gedenken der Shoa weiter zu tragen, ohne uns selbst zu einem lebendigen Mahnmal zu reduzieren. Wir sind diejenigen, die unter den Portraits unserer Großeltern und Urgroßeltern eine neue Gesellschaft bauen müssen. Eine, in der vielleicht, irgendwann, eine jüdische Kultur gelebt werden kann und mit einer schlichten Selbstverständlichkeit behandelt wird.
Und dann können wir tatsächlich einfach nur Menschen sein.
Sehr geehrte Frau Weisband,
die Rede greift für micht etwas zu kurz. Ich finde, dass unter die deutsche Vergangenheit mit Einschränkungen ein Schlussstrich gezogen werden sollte. Wir sind einfach eine ganz andere Generation. Es sollte jedoch keine 180 Grad-Wendung sein, sondern wir sollten einfach ein gesundes Empfinden für unser Land entwickeln. Seien wir z.B. stolz auf unsere bunte, multikulturelle Gesellschaft, Warum nicht? Ich für meinen Teil finde auch nichts daran, wenn man an einer Demo für die Palästinenser in den besetzten Gebieten teilnimmt. Ich war selbst auf einer und bin der Meinung, dass die meisten Teilnehmer keine Antisemiten waren. Israel-Kritik muss grundsätzlich erlaubt sein bzw. möglich bleiben. Für mich ist Ihre Rede sehr ergreifend, doch glaube ich nicht, dass man den Antisemitismus dadurch bekämpft, dass man berechtigte Kritik in Bausch und Bogen verdammt. Kritik an Israel ist nicht Antisemitismus.
Leonard Horsch
Ihre Rede gefällt mir sehr. Sie reden von sich – ja, klar, als Jüdin – und auch über Juden. Und doch ist die Rede universell, also dem Tag – Gedenken der Opfer des Nationalsozialismus-sehr angemessen. Danke. Alles Gute für Sie.
Liebe Frau Weisband, SIe sind mir seit Ihrer Zeit bei den Piraten vertraut, und ich habe Sie immer als Bereicherung für unser Land gesehen. Mit Ihrer Rede im Bundestag haben Sie sich um unser Land verdient gemacht. Mir ist aber auch klar geworden, wie viel noch zu tun bleibt, bis jede und jeder einfach als Mensch wahrgenommen wird. Dazu leiste ich gerne meinen Beitrag. Herzlichen Dank und lebe Grüße aus München.
Nun, die Rede ist wirklich nicht schlecht.
Ich mag nur nicht dieses „die Juden“! :-(((
Wer sich halbwegs auskennt, weiß, dass es mehrere Stämme von Juden gibt. Und dass damals Deutsche (!) andere Deutsche mit jüdischem Glauben umgebracht haben.
Da Sie aus der Ukraïne stammen, könnte man noch an den Holodomor (5 Mio. Tote!) erinnern, der gegen das ukraïnische Volk verübt wurde, aber ich möchte auf etwas Anderes heraus:
Wer genau übt denn in der BRD Antijudaismus aus (ich mag auch das Wort „antisemitisch“ nicht)?
Sind das „Rechte“ oder Konservative mit Einwanderungshintergrund, die einem jahrhunderte altem Familienbild nacheifern.
Eine Antwort darauf gaben Sie in jener Rede nicht, sondern sulen sich selbstgewählt in der Opferrolle.
Ich mag in der großteils brillant formulierten Rede besonders “die Juden” im allgemeinen. „Die Juden“ wurden bei uns vor 1989 mit „die Israelis“ ersetzt; der Haß war ein ähnlicher wie vor 1945. Als Zeithistoriker zur anderen deutschen Diktatur ’sule‘ ich mich natürlich selbstgewählt auch in der Opferrolle, die mir unser soz. DDR-Staatssicherheitsdienst in seinen Haftanstalten zuschrieb.
Das Wort suhlen ist so unmöglich, daß einem jede Lust vergeht, mit Ihnen zu diskutieren.
Liebe Frau Weisband,
nette Rede.
Das PISA-Ergebnis 2008 stellt sich wie folgt dar
Deutschland: alle Schüler 516 Punkte, Platz 13
Deutschland: migrantisch 439 Punkte, Platz 40 (2. Generation)
Deutschland: autochthon 532 Punkte, Platz 4
(Quelle: Spiegel)
Das sind jetzt die Eltern der Kinder von heute. Erklären Sie mir einmal, wie man die sich daraus ergebenden Probleme bewältigen will, wenn fast 50% aller Kinder (ca. 40-47%) in Westdeutschland einen Migrationshintergrund haben? Sie reden von einem „Wir“. Wen meinen Sie?
Vielen Dank
Sepp Erzberger
Sie verlieren kein einziges Wort über die deutsche Politik Israel gegenüber und die Einstellung Deutschlands gegenüber den Ländern, die Juden und Israel hassen und vernichten wollen. Wenn Deutschland “Lehren” aus dem Holocaust gezogen hätte, würde es heute bedingungslos an der Seite Israels stehen und nicht die scheinheilige und verlogene Politik Israel und Nahost gegenüber betreiben.
Warum muß jede/r jüdische Deutsche sich immer zu Israel äußern? Diese Gleichsetzung Jude=Israeli =Fremder hier ist doch gewöhnlich eine Argumentation von rechts außen. Diese wunderbare Rede enthielt doch alles bestens ,was hierzulande gerade wichtig ist.Außenpolitik war nicht das Thema und auch nicht eine Auseinandersetzung mit der sehr speziellen Politik Herrn Nethaniaus.
Ich habe an vielen Feierstunden selbst teilnehmen dürfen. Selten habe ich eine so ergreifende, tief treffende und ins Merk treffende Rede gehört.
Danke Dir Marina für diese Worte. Zum richtigen Thema, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort – und tiefe Verachtung für die Fraktion, die sich erdreistet sich (als letzte) von ihren Sitzen zu erheben, um von der eigenen Schuld an den immer schärfer geführten Debatten abzulenken. *pfui*
Eine wichtige und bewegende Rede. Vielen Dank dafür!
Eine sehr beeindruckende und ergreifende Rede. Es wäre wunderbar, könnten alle Menschen einfach nur Menschen sein.
Religionen, Weltanschauungen, Gruppen aus unterschiedlichen Kulturen müssten genau das wollen und wer das nicht will, sollte dringend seine Haltungen und sein Menschenbild hinterfragen.
Was ich etwas schade finde, ist an einer Stelle der Ton und die Ausdrucksweise für die Menschen mit Verschwörungs- und Hassbildern. „dahergelaufenen Provokateuren zwecks Medienzirkus“.
Mit Abwertungen erreichen wir diese Menschen nicht und es wäre so bedeutend, dass sie von ihren Verschworungs-und Hassfantasien lassen könnten. Sie brauchen Befreiung davon und eine positive Möglichkeit ein gesundes Selbstwertgefühl zu bekommen. Wer andere diskriminiert und erniedrigen will, der fühlt sich oftmals klein und schwach in sich und kompensiert mit unwürdigen Gedankenkonstruktionen seine eigenen Minderwertigkeitskomplexe.
Ich wünsche mir, dass ganz viele dieser Menschen dies erkennen und lernen, gut damit umzugehen, so dass sie dazu beitragen werden, dass alle Menschen einfach nur Mensch sein können.
Diese Leute sind schon lange nicht mehr erreichbar.Wer das immer noch versucht, macht sich einer sträflichen Vetniedlichung der Gefahr, die von Ihnen ausgeht,schuldig.Der Mörder Herrn Lübckes hatte vielfältige Verbindungen zur AFD.Daß das Gericht diesen Umstand nicht würdigte,sagt eine Menge über Rechtsprechung hierzulande aus.
Liebe Frau Weisband,
was für eine Rede haben Sie gestern im Bundestag gehalten – mein Mann und ich sind tief beeindruckt und sagen nur DANKE. Wir haben große Hochachtung vor Ihrem großen persönlichen Einsatz gegen alles, was menschenverachtend und antisemitistisch ist. Vor Ihrer Klarheit in der Sprache. Vor der Weite Ihres Blickes. Wir wollen Ihnen aus der Ferne (Süddeutschland) den Rücken stärken und sind ermutigt, weiter dafür einzutreten, dass jede und jeder „einfach Mensch“ sein kann…
Von Herzen wünschen wir Ihnen Kraft und Glück (ja!) und Gottes Segen.
Ursula Schmitz-Böhmig
Ich danke sehr für Ihre Worte und den Anspruch den Sie an sich selbst stellen. Als DDR-geborener war ich in meiner Schulzeit in vielen Konzentrationslagern. Es hat mich nicht mehr losgelassen. Der Antifaschismus mag „verordnet“ gewesen sein. Die Lager jedoch waren real. Auch ich erlebe, wie einige Medien immer mehr nach rechts driften und wie arrogant die deutsche Mehrheitsgesellschaft sein kann.
Ich verspreche mich selbst zu hinterfragen. Ich verspreche in meinem kleinen Umfeld gegen Antisemitismus einzuschreiten. Aber was heißt das schon. Ein Leben ohne Herrenmenschen wäre schön. Gab es schon einmal eine Demokratie ohne Sklavenarbeit? Ich bewundere Ihre Energie. Sorgen Sie gut für sich, damit Sie noch lange mit so viel Kraft auftreten können.
Liebe Frau Weisband, danke für diese bberührende Rede.Daß der Antisemitismus in diesem Land leider auch von der Regierung ausgeht , die sich mit Gedenken und schönen Feierstunden schmückt, zeigt sich z.B. auch an der Anerkennung der Gemeinnützigkeit gegenüber der VVN und den immer stärker zunehmenden Angriffen auf unterschiedliche Teile der Antifa.Diese als gewalttätig mit denen gleichzusetzen, die sie bekämpft, ist ein ungeheurer Zynismus.“Nur Mensch sein“..ich persönlich fühle mich von jedem jüdischen Menschen geehrt, der mir die Chance gibt, an seiner Seite bzw. für ihn für seine ( und unsere gemeinsamen demokratischen) Rechte einzustehen.Mit verzweifelt bis hoffnungsvollen Grüßen W.Richter-Petersen
Korrektur: Es muß natürlich „Aberkennung“ der Gemeinnützigkeit heißen
Liebe Frau Weisband,
gestern hörend, sie heute nochmals lesend bin ich beeindruckt von Ihrer Rede. Kurz, pointiert und doch auch mit einer – für mich – erschreckenden Diagnose, die ich auch in vielen anderen Problemen und politischen, sozialen und kulturellen Diskursen wiederfinde: Empathielosigkeit, den Willen oder die Fähigkeit, wenn man schon nicht selbst unmittelbar- scheinbar? – betroffen ist, zumindest das Verständnis aufzubringen, dass die selbst gefühlte Normalität“ keine allgemeine Selbstverständlichkeit ist.
Ich habe mir lange Zeit eingebildet, aufgrund eigener Erfahrung, wenn auch nicht hinsichtlich Fremdenhass oder Antisemitismus, mir dieses Unwohlsein, die Sorge, Verunsicherung und Angst vorstellen zu können. Dass dem nicht so ist, habe ich unlängst erfahren, als ich mit meinem fünfjährigen Sohn vom Wochenmarkt heimspazierend von einer älteren Person – das Klischee, aber auch die Wahrheit wollen es so – in einem SUV, körperlich bedrängt und lauthals als „Ausländergesocks, das hier nichts zu suchen habe“ hysterisch angeschrien wurde. Diese wenigen Sekunden alleine haben viel in und mit mir gemacht – auch mit meinem Sohn – vieles davon ist sicher leider noch unsichtbar. Und das war nur einziges Mal. Und ich weiß, dass ich mir Ihre Situation immer noch nicht vorstellen kann – ich weiß aber sehr wohl, wie zynisch und falsch so manches auf Sie wirken muss, wenn behauptet wird, hier in Deutschland sei doch alles dufte.
Ich wünsche Ihnen viel Kraft, Zuversicht und vor allen auch nachhaltigen Erfolg!
Herzlich
Dominik
Das ist so überragend gut gelungen, die schmerzhaften, kaum zu verkraftenden Empfindungen in hoffnungsvoll ermutigende Worte zu fassen, damit wir nicht wieder schweigend dulden und großzügig tolerant zulassen, was jüdisches Leben als normales Mensch-sein in unserem Land verhindert.
Liebe Frau Weisband,
ich habe erst jetzt ihre Rede zum Holocaustgedenktag im Bundestag gelesen und bin sehr beeindruckt.
Ich wünsche, dass auch für sie die Zeit kommen wird, wo sie einfach nur Mensch sein können.
Genauso