Wenn meine Seele sich erholt
Von deinen schönen Worten,
Dann öffne mutig ich den Mund
Und ruf es in den Wind:
Streck deine rauhe Hand nicht aus,
Bleib fern von meinen Pforten!
Berühre meine Liebe nicht,
Denn sie ist noch ein Kind.
Nur wenig nötige Details
Sind alle deine Worte,
Schmückender Rauch und Beigeschmack,
Gelogener Roman.
Du Dieb bist sie mitnichten wert,
Ich kenne deine Sorte.
Lass meiner Liebe Freiheit noch,
Denn sie wächst noch heran.
Ich lege schützend mich um sie,
Ich kämpfe für ihr Leben.
Sie ist ein Teil von jenen Dingen,
die noch heilig sind.
Drum sieh sie nicht so lüstern an,
Ich werd sie dir nicht geben.
Berühre meine Liebe nicht,
Denn sie ist noch ein Kind.
IKKE BERØR MIN KJÆRLIGHET
av Marina Weissband
Når min sjel har hvilt seg
etter dine vakre ord,
da åpner jeg frimodig munnen
og roper ut i vinden:
Ikke strekk ut din grove hånd,
hold deg unna mine portrom!
Ikke rør min kjærlighet,
for den er ennå et barn.
Alle ordene dine
er bare unødige detaljer,
dekorert røyk og bismak,
en roman av løgner.
Du er en ubetydelig tyv,
jeg kjenner ditt slag.
La min kjærlighet få være fri,
fordi den ennå vokser.
Beskyttende omfavner jeg den
og kjemper for dens liv.
Den er en del av disse tingene
som fortsatt er hellige.
Så betrakt den ikke så lystent,
jeg vil ikke gi den til deg.
Ikke rør min kjærlighet,
for den er ennå et barn.
Herzlichen Dank für dieses Gedicht von 2009, das ich zuerst am heutigen, weltweiten Frauentag innerhalb dieser traurigen Zeit entdeckte und sofort in meiner Muttersprache Norwegisch übersetzte. Heute gelesen, in Anbetracht der täglich grausamen Ereignisse in der Ukraine, sehe ich in Deinem Gedicht das unerschütterliche Einstehen für die eigene Selbständigkeit, für Freiheit und Liebe als die wesentlichsten Kräfte und heiligsten Quellen des Lebens.
Rhythmus und Reime konnte ich in der Übertragung leider nicht übernehmen.
Herzlich
Jostein Sæther
„Kunst ist mehr als Handwerk – Kunst ist Zauberei.
Und Zauberei ist, wenn ich das Bild meiner 8-jährigen Cousine sehe, und auf dem Bild ist ein unproportionales Mädchen, das lächelt, und es ist das schönste und offenste Lächeln, das ich je gesehen habe und ich halte inne und staune.
Zauberei ist es doch genauso, wenn man eine Frau sieht, und ihre Nase ist etwas schief und ihr Mund ist etwas groß und wenn man jedes Detail einzeln betrachtet, so ist an ihr nichts besonderes dran. Aber man sieht sie an und bei ihrer Schönheit vergeht einem trotzdem die Luft.
So sehe ich die Kunst.“
Ja …… nur auf das Sehen kommt es an. Wie oft sehen wir ohne wirklich zu sehen? Doch dann schauen wir wie durch die lichterlohen Augen der Seele und alles ist verwandelt. „Kunst“ ist für mich kein so schönes Wort, aber ich liebe das Sehen. Bei Kunst denke ich an Plastik, aber das Sehen ist wahr. Wahre Zauberei.
Auch wenn das nicht immer jedem begreiflich sein mag……
„Das Auge sagte eines Tages: „Ich sehe hinter diesen Tälern im blauen Dunst einen Berg. Ist er nicht wunderschön?“
Das Ohr lauschte und sagte nach einer Weile: „Wo ist der Berg? Ich höre keinen!“
Darauf sagte die Hand: „Ich versuche vergeblich, ihn zu greifen. Ich finde keinen Berg!“
Die Nase sagte: „Ich rieche nichts. Da ist kein Berg!“
Da wandte sich das Auge in eine andere Richtung. Die anderen diskutierten weiter über diese merkwürdige Täuschung und kamen zu dem Schluß: „Mit dem Auge stimmt etwas nicht!“
(Khalil Gibran)
😀
Dieses schöne Gedicht erinnert mich an Mascha Kaleko, die ich sehr schätze 😉 Deine Worte haben einen ähnlichen Klang.
Ich dachte an diese Zeilen: „All meinen Schmerz ertränke ich in Küssen. All mein Geheimnis trag ich wie ein Kind……“
Lieber Sigmar,
schön, dass du deine Argumentation so detailreich ausgelegt hast. Das erleichtert mir eine Antwort, weil man sehr schön eine Sache sieht:
Genau bei den Punkten drei und vier scheiden sich unsere Ansichten über Kunst.
Das ist ein ganz banales Problem, dass keine zwei Menschen auf der Welt den gleichen Kunstbegriff zu haben scheinen.
Wenn ich im Museum vor einem noch so meisterhaft ausgeführten Bild stehe (ich danke dir, dass du den Sprung in die Welt der Bilder gemacht hast, ist es doch schließlich meine eigentliche Domäne), dann kann ich das Handwerk sicher bewundern. Aber das bringt mich noch nicht dazu, die Kunst zu bewundern.
Kunst ist mehr als Handwerk – Kunst ist Zauberei.
Und Zauberei ist, wenn ich das Bild meiner 8-jährigen Cousine sehe, und auf dem Bild ist ein unproportionales Mädchen, das lächelt, und es ist das schönste und offenste Lächeln, das ich je gesehen habe und ich halte inne und staune.
Zauberei ist es doch genauso, wenn man eine Frau sieht, und ihre Nase ist etwas schief und ihr Mund ist etwas groß und wenn man jedes Detail einzeln betrachtet, so ist an ihr nichts besonderes dran. Aber man sieht sie an und bei ihrer Schönheit vergeht einem trotzdem die Luft.
So sehe ich die Kunst. Das ist eine sehr subjektive Sicht und man kann sich lange darüber streiten, aber das wäre sehr überflüssig.
Nach deinem Kusntverständnis muss ich dir recht geben: Meine Form ist nicht optimal, und an einigen Stellen sind das keine absichtlichen Kniffe, sondern es ist bisweilen etwas roh.
Nach meinem Kunstverständnis aber muss es genau so sein, weil es mir sehr fern liegt, eine Liebeserklärung „gekünstelt“ (!) zu gestalten, sogar wenn sie dann von anderen als künstlerisch wertvoller gilt.
Denn meine Kunst ist das Natürliche, Ehrliche und meistens ein wenig Unbedarfte. 🙂
Insofern: Deine Argumentation ist richtig und überzeugend, aber ich werde mich sturer weise nicht überzeugen lassen. 😉
Zuletzt eine Erklärung meiner Metapher, so ungern ich eigentlich erkläre:
„Ich lege schützend mich um sie“
bedeutet nicht, dass ich mich um sie winde. Sie ist einfach in mir, die kindliche Liebe, und um sie herum liegt eine Schicht „Ich“, dieses ganze widerspenstige, abweisende, scheue, laute, unverschämte „Ich“, das man außen sieht.
Und vielleicht folgt es keinem anderen Zweck, als nur diesen einen, wertvollen Kern zu schützen.
Ich hoffe, ich konnte meinen Standpunkt erläutern und ich hoffe, dass die anderen geneigten Leser nicht zu dem Schluss kommen, Sigmar und ich würden uns streiten. ^ ^
Es ist mir einfach eine Freude zu diskutieren.
Liebe Grüße,
Marina
Liebe Marina,
wenn Du Dich über Gedanken wie diese amüsierst, so freut mich das, denn das heißt zumindest, daß sie Dir nicht unangenehm waren. Laß mich nur einige Thesen dagegensetzen, die Dich vielleicht zu weiteren, eigenen Gedanken anregen:
1. Ein Liebesgedicht ist einerseits Gefühlsäußerung einem bestimmten Menschen gegenüber, andererseits Kunstwerk.
2. Ein Kunstwerk transportiert einen (meist emotionsbezogenen) Inhalt in einer (meist bewußt gestalteten) Form.
3. Je differenzierter und sinnreicher die Form gestaltet ist, desto höher ist der künstlerische Wert eines Werkes als solchem.
4. Soweit es Kunstwerk ist, werden zwar Emotionen mitgeteilt; die Schöpfung des Kunstwerkes aber basiert auf dem Handwerk, den Regeln der Kunst. Du kannst kein Porträt zeichnen, in dem die Proportionen und die Perspektive nicht stimmen, es sei denn, Du verfremdest das Gesicht bewußt. Was Du hier gesagt hast, war: Nach meinem Gefühl wollte die LInie dorthin, deshalb muß sie da sein, und wenn die Nase deswegen schief ist, dann ist das nicht so wichtig. Wenn in einem Porträt die Nase schief ist, ist entweder handwerkliches Unvermögen oder eine künstlerische Absicht der Grund.
5. Handwerkliche Mängel in einem Liebesgedicht könnten behoben werden, um seinen Wert als Kunstwerk zu steigern. Sein Wert als Gefühlsäußerung einem bestimmten Empfänger gegenüber ist durch die handwerklichen Mängel in keiner Weise beeinträchtigt.
6. Eine Metapher ist dann gelungen, wenn sie sinnreichen emotionalen Ausdruck des eigentlich Gemeinten verbindet mit einer stimmigen Anschaulichkeit des bildhaften Ausdrucks.
(Marina: Sigmar Erics weiß, was eine Metapher ist. 😉 Ich stelle nicht den Sinn von bildlichem Ausdruck in Frage, sondern die Geglücktheit des Bildes. Eine Schlange kann sich um etwas herumlegen, bei einem Menschen habe ich Probleme, mir das vorzustellen, zumindest mit dem Zweck der Verteidigung gegen Feinde – die Metapher ist daher möglicherweise verbesserungsfähig.)
7. Es ist sekundär, was ein Künstler im Sinn hatte, als er das Kunstwerk schuf. Primär ist von Bedeutung, was in dem Kunstwerk selbst angelegt ist an phantasievoller Bildlichkeit, emotionaler Ausdruckskraft, Welterkenntnis und handwerklicher Souveränität.
Klingt das für Dich soweit überzeugend?
Liebe Grüße,
Sigmar
Lieber Sigmar,
Ich danke Dir für Deine Rückmeldung. Ich will dazu amüsiert eine Sache anmerken.
Du schreibst von vierhebigem Jambus mit Pausentakt, und gestörtes Metrum als Metapher für etwas.
Ich gestehe offen, dass nichts von alledem in meinem Sinn war, als ich das Gedicht schrieb. Es gibt das Phänomen des natürlichen Sprachrhythmus. Ich schreibe meine Gedichte so, wie mir die Worte in den Sinn kommen. Ich schreibe nicht die Form, ich schreibe den Inhalt. Die Form ist in meiner Lyrik nur Bedienstete, die die Worte an den Leser heranträgt, und sie hat sich vor dem Inhalt zu beugen.
Ich denke nicht über Technik nach, wenn ich Kunst schaffe.
„Schmückender Rauch“ steht dort nicht, um die Undeutlichkeit des Rauches zu unterstreichen, sondern einfach, weil ich das Wort „schmückend“ genau dort stehen haben wollte.
Genauso zu den „Details“: Das Wort legt sich für mich ganz natürlich in diesen Zusammenhang, ich würde es in einer mündlichen Liebeserklärung auch jederzeit benutzen. „Tand“ hingegen klingt für meine Ohren platt und sehr unpoetisch.
Dass ich mich nicht schützend um meine Liebe legen kann, ist natürlich wahr. Genau so kann mein Herz nicht weinen, und außerdem besitzt der Frühling kein blaues Band.
Es ist eine Metapher. 😉
Zuletzt: Suche in Liebesgedichten nicht nach der optimalen Form. Keine Form des Geständnisses ist nicht elegant, denn die Gefühle, die hinter einem solchen Geständnis stehen, sind grob und unvollkommen. Sie sind eckig, kantig, hier und da nicht passend, drückend, ziehend und das Metrum brechend. Und das ist gerade das schöne an ihnen. Keine „schönen Worte“, lieber stotternd gekrächzter Ausdruck aufrichtiger Gefühle. 😉
Ich habe darüber auch ein Lied geschrieben, das ich bald veröffentlichen will.
Liebe Marina,
eine sehr gute Antwort! Dein Gedicht berührt mich übrigens sehr… Bin auch Lyrikerin.
Herzliche Grüße,
Katja
Liebe Marina,
bei Deinem schönen Gedicht hier dachte ich sofort an das Goethe-Wort „Ich liebe Dich, was geht’s Dich an?“ Ähnlich wie dort verläßt Du mit Deinem Text die hunderttausendfach gefüllten Schemata, in denen die eigene Innenwelt und die Außenwelt aneinander angeglichen werden sollen. Gedichten des Inhalts: „Ich liebe Dich – liebe Du mich wieder“, „Du liebst mich – ich bin glücklich“ und „Du liebst mich nicht, ich bin unglücklich“ begegnet man ja ständig. Dein Gedanke ist, daß die Innenwelt den Kontakt mit der physischen Realität und dem realen Gegenüber noch nicht verträgt. Schon diese Differenzierung gefällt mir. Außerdem ist die Erkenntnis, daß Emotionen Reife brauchen und der eigene Wille sich manchmal erst allmählich bildet, ein kleines Stück Weisheit, an das ich mich gerne von Dir erinnern lasse.
Technisch stehen Deine Verse im vierhebigen Jambus, mit einem „Pausentakt“ in jedem vierten Vers. Dieses Metrum brichst Du an zwei Stellen:
„Schmückender Rauch und Beigeschmack“
beginnt mit einem Daktylus. Meinst Du mit dieser Irritation des Metrums die Unklarheit des Rauches?
„die noch heilig sind.“
läßt die erste Senkung aus, wodurch der Vers eine gewisse Heftigkeit bekommt. Ich habe das als Zeichen von Emphase gedeutet, bis ich gesehen habe, daß Du so das Aufeinandertreffen zweier unbetonter Silben am Zeilenwechsel vermieden hast („Dingen, / die noch“); Du bleibst also hier im regelmäßigen Alternieren von Betonung und Senkung. Das ist aber natürlich sekundär für den äußeren Eindruck – hier muß der einmalige volltaktige Beginn emotional gedeutet werden.
„Du Dieb bis sie mitnichten wert,“
Tippfehler: „bist“. Außerdem ist der Bezug von „sie“ zu Deiner Liebe (die sicherlich gemeint ist) etwas schwach, weil zwischendurch von den Details und den Worten die Rede war, auf die sich „sie“ streng genommen bezieht.
„Nur wenig nötige Details
Sind alle deine Worte,“
ist mir nicht ganz verständlich. Meinst Du, der Gute redet zuviel von Unwesentlichem? Dann wäre sprachlich präziser: „Von wenig Wichtigem, von Tand / nur handeln deine Worte“. Auch wird so das Fremdwort „Details“ vermieden, das ich in einem Gedicht mit dieser scheuen Stimmung und lyrischer Ausdrucksweise nicht so gerne sehe.
„Ich lege schützend mich um sie,“
kann ich mir, offen gesagt, nicht vorstellen, denn Du bist ja keine Schlange. Vielleicht: „Ich nehm sie schützend in den Arm“.
Die kleinen Kritteleien, das weißt Du ja, meine ich nur als Vorschläge und teile sie Dir in bester Absicht mit, damit Dein interessanter und schöner Gedanke (s.o.) die optimale Form bekommt. Die Schlußverse aber haben diese schon und sind absolut zitierfähig:
„Drum sieh sie nicht so lüstern an,
Ich werd sie dir nicht geben.
Berühre meine Liebe nicht,
Denn sie ist noch ein Kind.“
Sehr gelungen!
Liebe Grüße,
Sigmar